Wednesday, 25. May 2005Einerseits, andererseits...Kommentare
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Jetzt kann man sich hinstellen und sagen, "Hey, das Volk versteht davon eh nix". Aber das ist doch nicht der richtige Ansatz. Der EU fehlt eh an jeder zweiten Ecke die demokratische Legitimation. Meines Erachtens wird anders herum ein Schuh draus: Die Politiker müssten in der Lage sein, uns zu erklären, WARUM wir diese Verfassung brauchen und was sie für uns für Auswirkungen (+ und -) hat. Dies ist meines Erachtens weder in DE noch in FR oder NL ausreichend geschehen. Nur das eben die Holländer und die Franzosen eine Möglichkeit hatten, sich darüber zu beschweren. Das man nicht jede Frage über einen Volksentscheid regeln kann, versteht sich von selbst. Sonst bräuchten wir keine Vertreter wählen. Aber bei so grundsätzlichen Dingen (wie dem Beitritt zur EU oder eben dem Inkrafttreten einer Verfassung, die zumindest teilweise nicht von unseren Vertretern verantwortet wird), ist eine Abstimmung der Weg der Wahl. Wie gesagt: Es liegt in der Hand der Politiker, dem gemeinen Volk die Wahlmöglichkeit zu erklären. Die Vermittlung von Politik ist kein einfaches Feld. Allerdings gehen die Politiker diesem Ziel auch gern aus dem Weg. Das wiederum halte ich für eines der Kernprobleme. Ein Politiker, der sich hinstellt und sagt "Ja, mit unseren Maßnahmen ist Vollbeschäftigung möglich" (nur als beispiel), betreibt nicht Vermittlung von Politik, sondern dreckigen (weil unwahren) Wahlkampf. Genau das darf Vermittlung aber nicht sein, denn dann passiert genau das was momentan passiert. Alle denken "Ach lass die mal reden" und gewählt wird halt das, was gerade mal nicht für die aktuellen Probleme verantwortlich zu sein scheint. ich finde, Du wirfst ein paar durchaus berechtigte Fragen auf. Ich will mal versuchen, sie hier in Kürze zu beantworten. Ich werde später, wenn ich etwas mehr Zeit habe, noch mal ausführlicher Antworten, dann auch zu dem Artikel in Deinem Blog. Zur Frage wann für mich Volksentscheide Sinn machen: Ich bin kein Verfechter allgemeiner Volksentscheide in grundsätzlich jeder Frage. Ich glaube, dass Volksentscheide nur bei relativ konkreten und nicht übermäß komplexen Fragen Sinn machen, aber in diesen Fällen durchaus auch zugelassen und genutzt werden sollten, und fühle mich - gerade durch die Referenden in Frankreich und den Niederlanden und der eher irrational geleitete Abstimmungsweise - bestätigt. Du sagst, der EU fehlt es in vielerlei Hinsicht ohnehin an demokratischer Legitimation. Dem stimme ich ausdrücklich zu. Gerade deshalb bin ich vehementer Befürworter der Verfassung. Sie ist mit Sicherheit nicht meine Idealvorstellung einer europäischen Verfassung, aber sie ist ein echter Fortschritt, gerade auch im Hinblick auf die demokratische Verfasstheit. Die Rechte des Parlamentes wären mit der Annahme der Verfassung deutlich erweitert worden. Was Deinen Anspruch betrifft, "die Politiker" müssten "Alle-Alle-Alle" informieren, so habe ich folgenden Einwand: wenn die Politik eine Bringschuld hat, müsste dann der Wähler nicht auch eine Verpflichtung haben, sich aktiv zu informieren? Mit gutem Grund haben wir als Leitbild der politischen Bildung das Konzept des "mündigen Bürgers", eines Bürgers also, der sich selbst aktiv am Process der Meinungsbildung beteiligt. Ich glaube, dass es eine ganze Menge gute Informationen gibt. Ich habe selber z.B. schon einige ganz gut gemachte Broschüren gesehen. In Frankreich schossen die Macher meines Erachtens über das Ziel hinaus - aber vermutlich gerade aus dem Grund, dem Vorwurf nur mangelhaft oder einseitig zu informieren vorzubeugen. Was die Vermittlung betrifft, so glaube ich, dass das zu einem immer größeren Problem werden wird. Viele Sachverhalte, die heute zu entscheiden sind, sind deutlich komplizierter als die vergleichsweise einfachen "Lagerentscheidungen" früher. Möchtest Du z.B. eine Volksabstimmung über die embryonale Stammzellforschung? Ich denke ich werde über die Vermittlungsprobleme später mehr schreiben. Fürs erste nur so viel: ich denke, dass die Probleme nicht primär in (absichtlichen) Falschaussagen begründet liegen, sondern durchaus auch in den Überzeugungen der Akteure, die - wie bei einem jedem von uns! - durchaus auch falsch sein können. Die politische Macht des Parlaments war vom Konvent noch viel weitergehend vorgesehen, als es nachher in der Verfassung niedergeschrieben wurde und ich bin sicher, in der Praxis hätte man auch wieder Wege gefunden, das Parlament zu ignorieren, wenns stört. Um klar zu machen, was ich meine: Um die Macht des Parlaments zu stärken, bräuchte es keine Verfassung. Andererseits hätte man für diese angeblich deutliche Verbesserung so viele Kröten schlucken müssen, das mir beim dran denken schon übel wird ![]() Zur Vermittlung sag ich in deinem anderen Beitrag noch was... Mich würde wirklich mal interessieren welche "Kröten" Du meinst? Zum Beispiel die Tatsache, dass die bisherige Argrarpolitik in der Verfassung festgeschrieben wurde? Das ist schade. Aber egal ob nun unter dem Titel Verfassung oder nicht, schlechter geworden wären die Verhältnisse m.E. nicht. Es wäre lediglich, der in diesen Dingen schlechte status quo beibehalten worden. Mit anderen Worten, das Non hat rein gar nichts verbessert. Tatsache ist, dass wir nun mit all den bisherigen Verträgen leben müssen und das dieses erstmal heißt: keine erweiterten Rechte für das Parlament, keine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip, keine Festschreibung bestimmter, einklagbarer Grundrechte etc.pp... |
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Lars zitiert einen Artikel von Paul Virilio in der Zeit, der behauptet, dass die EU-Verfassung ein derart komplexes Machwerk darstellt, dass es Unsinn ist, den Bürger darüber abstimmen zu lassen. ...
Aufgenommen: Jun 02, 00:23
Ich schrieb einen kurzen kritischen Kommentar zum französischen Referendum zur EU-Verfassung, worauf Jan das Problem der Politikvermittlung erörterte. Aus Sicht eines politischen Bildners kann ich der Forderung nach besserer Vermittlung, lieber Ja
Aufgenommen: Jun 10, 14:23